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Antwort an einen Freund und Kritiker
auf die fruchtbarste aller Kritiken, vielleicht demnächst durch ihn erweitert. Zugleich eine stringente Ergänzung zu „Ein weiteres Mal: Schlussfolgerungen zur Willensfreiheit. Oder auch: zur philosophischen Wertpapierkrise.“ . Alles das in Verbindung mit dem ersten oder zweiten Artikel des darüberstehenden Triptychons (alle drei auf dieser Netzseite). Ich gebe die Auffassungen meines Dialogpartners hauptsächlich in Kursivschrift wieder;
und entwickle ihm gegenüber meinen Gedanken, angefangen mit einfachen Grundlagen bis zur vollen
Entfaltung.
Lieber Herr Christian Fernandes, 1.) Sie sagen: Dass ich werde, und zwar indem ich mich selbst gestalte, bestreite ich meiner Metaphysik zufolge der Sache nach nicht. (Seite 3) Aber dieses Werden, diese Dynamik, soll nicht ohne Zeit denkbar sein: Da Dynamik ( ... ) ohne Zeit nicht denkbar ist, steht der Nachweis der in Ihrer schopenhauerkantianischen Metaphysik präsupponierten begrifflichen Möglichkeit einer zeitlosen Handlung bzw. eines „ewigen Entschlusses“ ( ... ) m.E. nach wie vor aus. (Seite 3) Unser Charakter „erscheint“ uns nur dynamisch, ist aber „an sich“ in der Zeitlosigkeit streng statisch, denn: „In der Zeitlosigkeit gibt es keine Aufeinanderfolge“ ( ... ). (Seite 3) Dazu sage ich: Der Wille ist „dynamisch“, das ist eine Tatsache; und der Wille ist das Ding „an sich“, für das Letztere habe ich Argumente von Schopenhauer übernommen und selber weitere hinzugefügt; und der Wille ist – um es zunächst einmal so einzuführen – samt seiner Dynamik das „Ding an sich“. Frage: wie verträgt sich seine Dynamik mit der Zeitlosigkeit eines „Dinges an sich“? – um den weniger deutlichen Terminus „Ewigkeit“ jetzt nicht zu verwenden. Allerdings bleibt hier vieles zu klären. Was ich in der Folge bis in alle Einzelheiten versuchen werde. Vielleicht wenden Sie ein, die Frage lasse sich überhaupt nicht behandeln, geschweige denn beantworten. Denn in puncto Ewigkeit oder Zeitlosigkeit fehle die Realität, die nun einmal nicht erwiesen sei und es auch nie sein werde; auf Seite 4 sprechen Sie denn auch von fiktionalen Welten. Andererseits müssten wir, wenn wir dem Gedanken der Zeitlosigkeit eine seiner Begründungen nehmen wollten oder vielleicht sogar seine Wahrheit und Richtigkeit auf der ganzen Linie nicht anerkennen wollten, Kants „Transzendentale Ästhetik“ widerlegen; was misslingen könnte, da wir Raum und Zeit tatsächlich, so wie Kant es meint, auch ohne jede Erfahrung ganz unmittelbar als Denk- oder Vorstellungszwang in uns erleben und so als Eigenschaft nur unseres Denkens und unseres Vorstellens, und folglich nicht des Objektes selbst, des „Dinges an sich“, erkennen. Oder, schlimmer noch, wir könnten, mit Wirkung für die Zeit, gleich eine weitere „Transzendentale Ästhetik“ entdecken, in Gestalt des Gedankens, dass es ein „dynamisches aus sich Selber“ zwar geben muss, aber „in der Zeit“ nicht gibt; woraus ja jeder folgern kann, was zu folgern wäre. 2.) Gibt es ein „aus sich Selber“ „ohne Zeit“, „außerhalb der Zeit“? Sehen wir näher hin: Sie sagen: Selbstbestimmung ist nur in der Zeit möglich (Seite 4). Was aber schließt die Selbstbestimmung in sich oder auch: was setzt sie voraus? Dass man „aus sich selber“ ist, „sich selber schafft“, und zwar zur Gänze; nicht nur, dass man sich selbst „gestaltet“, wie Sie einmal schreiben (Seite 3); sonst bestimmt auch der etwa von einem anderen geschaffene Teil meiner selbst; und es wäre schon dann keine ungeteilte Selbstbestimmung mehr; oder das etwa von einem anderen geschaffene Ganze meiner selbst bestimmt allein und voll und ganz; denn: „Agere sequitur esse“ „Das Verhalten ergibt sich aus dem Sein“. Zweifel an dem zuletzt genannten Satz? Nein! Denn wenn das Verhalten sich nicht aus dem betreffenden Sein, im vorliegenden Fall: aus unserem Sein ergibt, mit anderen Worten: wenn das Sein „sein“ Verhalten nicht determiniert, verursacht, oder soweit es das nicht tut, ist das Verhalten nicht das Verhalten des in Frage kommenden Seins, im vorliegenden Falle: unseres Seins. Was aber schließt das „sich selber Schaffen“, das „aus sich selber Sein“ in sich? Es schließt in sich, was empirisch unmöglich ist: nämlich die Identität von „Ursache“ und „Wirkung“, die dann nicht mehr Ursache und Wirkung im eigentlichen Sinne sind: Danach aber ist eine „Selbstbestimmung“, weil „Sein aus sich selbst“, weil ein „sich selber Schaffen“, „in der Zeit“, empirisch, gerade nicht möglich, nicht zu verwirklichen“! Anders, im Ergebnis, als Sie es sagen (Seite 3 und 4). Wir können eine numerische Identität von „Ursache“ und „Wirkung“ kaum erdenken; daher auch Ihre Formulierung (auf Seite 3 ). Andererseits aber werden wir sehen, dass die Identität nicht nur nicht widersprüchlich, sondern sogar wirklich, tatsächlich und real ist. In der empirischen Schicht dagegen, also „in der Zeit“, geht jede Ursache ihrer Wirkung vorher; die Erwärmung des Zimmers z.B. ist keine gleichzeitige Wirkung oder Folge der Erwärmung des Heizkörpers – Kant vermeint es einmal so – sie geht vielmehr in Schüben vor sich, von denen jeder einem einzelnen Erwärmungsschub des Heizkörpers zeitlich erst nachfolgt; ähnlich erweist sich in der empirischen Schicht jede vermeinte Gleichzeitigkeit von Ursache und Wirkung, die immer nur scheinbar ist, bei näherem Zusehen als Nichtgleichzeitigkeit. Also: Ursache und Wirkung sind „in der Zeit“ immer nur ein Vorher und ein Nachher. Folglich ist eine „Selbstbestimmung“ durch Ursache und Wirkung, ein „sich selber Schaffen“, ein „Sein aus sich selber“, bei dem die Ursache der Wirkung gerade nicht vorhergehen und die Wirkung nicht auf die Ursache folgen darf, „gerade in der Zeit nicht möglich“. Oder dasselbe, noch mehr im Einzelnen: das „sich selber Schaffen“, das „Sein aus sich selbst“, als Voraussetzung der „Selbstbestimmung“, schließt die numerische Identität, also erst recht die Gleichzeitigkeit, des „Schaffenden“ und des „Geschaffenen“, der Quasi-Ursache und der Quasi-Wirkung, begrifflich in sich, weil andernfalls etwas anderes als das Schaffende, und nicht mehr das Schaffende „selber“, geschaffen würde. Dieselbe numerische Identität aber schließt den strengen, eigentlichen Begriff von Ursache und Wirkung aus; nun gibt es aber „in der Zeit“, in der empirischen Schicht, nur Ursachen und Wirkungen im strengen, eigentlichen Sinne – während wir die mit ihrer „Wirkung“ identische „Ursache“, „Ursache“ und „Wirkung“ im weiteren Sinne, nur sehr schwer, wenn überhaupt, zu Ende denken können. Also ist eine „Selbstbestimmung“, die ein „aus sich Selbst“ und „Schaffen seiner selbst“ voraussetzt, „in der Zeit“ unmöglich. Anders, wie gesagt, bei Ihnen im Ergebnis. - Es gäbe also „in der Zeit“ nichts und niemanden, keinen Menschen, „der sich selber schafft“? Nein! Wir haben es ja auch noch nie erlebt, dass irgendjemand „in der Zeit“, zu irgendeinem Zeitpunkt, vor unseren Augen, oder nach dem glaubwürdigen Bericht eines anderen vor dessen Augen, „aus sich selber“ zustande gekommen wäre, indem er „sich“ demnach zu irgendeinem ihm beliebenden Zeitpunkt „selbst geschaffen“ hätte. Warum aber sollte es nie zu einer solchen „Schöpfung von einem selber“ „in der Zeit“ kommen, und warum sollte sie darüber hinaus auch ganz undenkbar sein, wenn sie auch nur möglich wäre? Zumal man nur unter dieser Voraussetzung „in der Zeit“ sich selbst bestimmen könnte, da „Selbstbestimmung“, wie wir sehen, laut Agere sequitur esse“ „Das Verhalten ergibt sich aus dem Sein“, nur möglich ist, wenn man „sich selber schafft“, wenn man „aus sich selber ist“ oder „aus sich selber wird.“ Wir können auch keine Versuche mit uns selber machen, uns z.B. „umzuschaffen“. Denn entweder setzen wir dann den alten, schon vorhandenen Menschen fort, und wir haben folglich nicht „in der Zeit“ „uns selbst geschaffen“, keine „Selbstbestimmung“ „in der Zeit“ bewirkt oder ermöglicht, sondern wir hatten uns „außerhalb der Zeit“, „schon“ in der Ewigkeit oder Zeitlosigkeit „selbst bestimmt“; entweder also das; oder wir schaffen, da etwas anderes, Drittes, „in der Zeit“ gar nicht erst in Betracht kommt (siehe vorhin), einen neuen, anderen Menschen, der dann aber nicht mehr „aus sich selber“, sondern der „aus uns“ ist, der „sich“ nicht mehr „selber schafft“ - - wir werden ihn schon nicht er-„schaffen“. Also: wer „Selbstbestimmung in der Zeit“ will, muss sich, wie wir es jetzt durchgegangen sind, „in der Zeit“ auch „selber schaffen“, „in der Zeit“ auch „aus sich selber werden“, oder es zumindest können, wie wir gerade sahen; er muss „in der Zeit“ auch plötzlich und beliebig, unerklärlich, nämlich „zeitlich“, vor unseren Augen entstehen können; er darf nicht etwa ganz anders, nämlich „unzeitlich“, „in der Zeitlosigkeit“, zustande kommen; denn dann ist – laut „Agere sequitur esse“ „Das Verhalten ergibt sich aus dem Sein“ - in der Zeitlosigkeit auch alles schon: erst „geschaffen“, „geworden“, schon da und folglich auch „bestimmt“, und dann ebenso folgerichtig „in der Zeit“ nichts mehr zu „schaffen“, zu „werden“ und so auch nichts mehr frei zu „bestimmen“: an uns „selber zu bestimmen“ – da sich auch unser zeitlich folgendes Wesen, wie laut „Agere sequitur esse“, aus dem zeitlich vorhergehenden zwingend ergibt; wäre es anders, so wären wir nicht mehr dasselbe Wesen, da es „in der Zeit“ keine Einheit ohne Kausalität gibt – Und alles das bedeutet, es gibt „keine Selbstbestimmung in der Zeit“. Was ist der Grund für diese tatsächlichen Verhältnisse: für die Unmöglichkeit empirischer „Selbstbestimmung“ wegen der Unmöglichkeit, „uns“ auch empirisch zu beliebigen Zeiten „selbst zu schaffen“? Was ist der Grund für den Ausschluss solcher Sprünge? Der Grund ist folgender: Wir unterliegen auch innerhalb der empirischen Schicht – der „Erscheinung“ oder „Vorstellung“ – selbstverständlich der Notwendigkeit, unsere Identität zu wahren: nämlich unser Sein und so auch unser Verhalten: „das sich ja aus dem Sein ergibt“. Unser Sein, unsere Identität, unser Wesen, aber ist innerhalb der empirischen Schicht unter anderem zeitlich bestimmt; so denn auch für eine gewisse Dauer; und es ist deshalb, solange es gewahrt wird, was es ja soll, auch unabänderlich – der Gedanke ist schon tautologisch! – wenn es sich auch eine Zeitlang entfaltet; so ist innerhalb dieser Schicht auch unser Verhalten nicht zu ändern. Die Unerschütterlichkeit der Ewigkeit – wir kennen sie nicht – könnte von anderer Art sein, vielleicht nicht so mechanisch, vielleicht von ständiger Gegenwart; die empirische Schicht dagegen eignet sich, schon wegen ihrer Zeitlichkeit, und damit ihrem eigentlichsten Wesen nach, nicht für „Selbstbestimmung“. Und wann im Leben eines Menschen beginnt die so beschaffene empirische Schicht? Sie beginnt mit der Verschmelzung von Ei und Samen, nicht erst mit dem Abschluss dieses Vorgangs. Schon während des Vorgangs der Verschmelzung besteht das physische Erfordernis, die Identität, das Sein, zu wahren; und zwar zunächst einmal das empirische Sein, die empirische Identität, die Einheit des Eies und des Samens, des letzteren zum Beispiel als Trägers des eigentlichen Willens im empirisch neuen Wesen. Und soweit dieses Wesen Bewusstsein hat oder etwas, was an dessen Stelle stehen könnte, erlebt es neben seiner empirischen Identität, neben seinem empirischen Sein, dann auch seine Identität „an sich“, als „Ding an sich“, als Mensch mit Willen, als „dynamisches aus sich Selber“, ohne es zu beherrschen; in der und der bestimmten Lage; vor seiner soundsovielten oder auch vor seiner ersten Inkarnation, Einkörperung, und was sonst noch alles möglich ist – wir werden ja zeigen, dass mindestens der Mensch und letzten Endes auch alles andere „aus sich selber“ ist. Und die Konsequenz? Dass mit dem fertigen empirischen Sein und dem fertigen „aus sich Selber“ auch das empirische Verhalten feststeht und dass eine „Selbstbestimmung“, ein „aus sich Selber“, ein „sich selber Schaffen“ – in der empirischen Schicht, mit Zeitverlauf und Wahrung von Identität und Sein! – nicht möglich ist. Also keine „Selbstbestimmung“, kein „aus sich Selber“, kein „sich selber Schaffen“ „in der Zeit“! Und, folgern wir nun weiter: Ist es denkbar, dass es überhaupt keine Selbstbestimmung gibt, nicht nur „in der Zeit“ nicht? Mit anderen Worten: „Ist“ kein Wesen „aus sich selbst“? Wird kein Wesen „von sich selbst“, sondern jedes immer nur von einem anderen „geschaffen“? Wir sehen: in dem Fall ginge die Reihe von Schöpfern und Geschaffenen ins Unendliche: so dass wir eine vollendete reductio ad absurdum hätten! Ergo: Es gibt mit Sicherheit ein „aus sich Selber“, „etwas, das sich selber schafft“, mit „Selbstbestimmung“! Und wir werden (vier Absätze) weiter unten sehen, dass die Wesen in der Welt sich alle selber schaffen. Da das aber „in der Zeit“, in der empirischen Schicht, nicht möglich ist – wir haben es gesehen – so gibt es etwas „aus sich selber Seiendes oder Werdendes“, „sich selber Schaffendes“, mit „Selbstbestimmung“, „ohne Zeit“; und so gibt es auch eine zeitlose Schicht; an der Schlussfolgerung geht kein Weg vorbei. Oder doch? Entfiele die reductio ad absurdum, wenn man nur Wesen zugrunde legte, die „da sind“, ohne dass jemand sie „geschaffen“ hätte, sie „aufrecht erhielte“, jemand, „dem sie ihr Dasein verdankten“ – und wären sie es selbst – „auf den ihr Dasein zurückginge“ usw. usf., vielleicht ähnlich wie der „Urstoff“ der aristotelischen Metaphysik, den Sie (auf Seite 3) erwähnen? Und die Antwort: Die reductio entfällt nicht, die Annahme eines solchen bloßen Daseins ist gegen die Realität. Weil von Nichts Nichts kommt? Nun, das Dasein muss nicht unbedingt von etwas kommen, gerade darauf wollten wir uns jetzt ja nicht berufen? Aber ist es nicht doch folgendermaßen: Braucht das Dasein nicht in jedem Falle eine Kraft? Auch, wenn es von nichts bedroht wird, sei es mit Beeinträchtigung, sei es mit Vernichtung; braucht es die Kraft nicht schon, um sich auch nur zu erhalten – ohne dass es angegriffen würde: und wo keine Kraft wäre, da wäre nichts? Die Materie wäre nur das Gedankenbild, aber ihr Wesen wäre Energie, die Energie des Willens, auch in der Physik? Man sollte es so meinen. Aber woher wissen wir, dass es so ist? Nun, wir wissen zum Beispiel, dass die bauklötzchenartig erscheinenden Dinge um uns herum in Wahrheit, mikroskopisch, mehr als allem anderen, Milchstraßensystemen ähnlich, wenn auch vielleicht nicht gleich sind: mit dynamischen Zwischenräumen, mit Quasi-Planeten-, mit Quasi-Sonnensystemen, weitgehend aus Kraftfeldern bestehend, zwischen Atomkernen, Elektronen, Neutronen, Positronen; wir wissen weiter, dass diese oder bestimmte von diesen kleinsten Teilchen wieder aus noch kleineren, den Quarks, bestehen, mit entsprechenden Kraftfeldern auch zwischen ihnen. Und es liegt auf der Hand, dass es die Kräfte dieser Felder sind, die das Seiende erhalten – als Kräfte „aus sich selber“, die „von sich selber“ ausgehen; worüber wir ja sprachen. Denn Kräfte allerdings gehen immer von etwas aus. Und wir sind zu dem Ergebnis gekommen, das sie – angesichts der reductio ad absurdum, von der wir sprachen: zur Vermeidung der endlosen Kette von Schöpfern und Geschaffenen - als „aus sich Selber“ kommend tatsächlich, und zwar zeitlos, existieren. Wir können ja nicht annehmen, dass eine von ihnen die übrigen durch Wirkursache schafft, wo möglich aus dem Nichts; es steht also fest, dass sie alle – und dann ja auch wir Menschen – „aus sich selber“ sind. Oder wäre jemand so töricht, zu glauben, jenseits der Quarks würden nicht etwa neue, noch mikroskopischere Quasi-Sternensysteme mit noch kleineren Teilchen als den Quarks im Mikroskop erscheinen, und so weiter und so fort, bis alles sich in Energie auflöst, eben in Willen, im Ergebnis wie bei Schopenhauer; vielmehr werde die Menschheit dann endlich doch noch die soliden Bauklötzchen zu Gesicht bekommen – ausgerechnet im ultramikroskopischen Bereich! – die besagten Wesen, die einfach nur da sind, ohne dass jemand, auch sie selbst, sie „geschaffen“ hätte? Ich meine, man kann es sich nicht vorstellen! Und es ist auch wirklich und wahrhaftig gar nicht denkbar, dass sich die Felder mit den Kräften auf die Wesen stützen, die nur da sind und nichts als da sind. 3.) Es fragt sich demnach jetzt nur noch, wie sich die tatsächlich gegebene Zeitlosigkeit des ebenso tatsächlich gegebenen „aus sich selber Seienden oder Werdenden“, „sich selber Schaffenden“ – des Willens, des „Dinges an sich“ – auf dessen „Dynamik“ auswirkt (siehe vorhin zu Nr. 1). Oder wäre der Wille etwa gar nicht das „Ding an sich“? Ich denke schon, dass er es ist; aber sehen wir genauer hin! Jedenfalls ist das „aus sich Selber“, das „sich selber Schaffende“, „Ding an sich“, das „Ding an sich“, ob nun dynamisch oder nicht, da es ja im zeitlosen Bereich existiert – wenn es auch für unsere Erkenntnis zugleich immer in den Formen von Raum, Zeit und Kausalität erscheint und insofern „Erscheinung“ oder „Vorstellung“ ist. Aber ist das „ohne Zeit“ „aus sich selber Seiende“, „sich selber Schaffende“ wirklich „dynamisch“? Es ist das „aus“ sich Selber, das, was „sich selber schafft“. Es schafft nicht nur, wozu schon Kraft gehört – und Kraft ist Dynamik! – , sondern es schafft sich selber, es schafft den Schaffenden, und es schafft so, während es schafft, indem es schafft, zugleich auch die Voraussetzungen des Schaffens, die sich obendrein mit seiner eigenen Existenz, der Existenz des Schaffenden selber, decken; eine potenzierte Dynamik also, eine potenzierte Kraft! Das heißt: das „aus sich Selber“ ist schon aus allen diesen ineinander verschachtelten Gründen potenziert dynamisch. Es kommt eine zweite Art der Dynamik hinzu: Das „aus sich selber Seiende“ hängt seinem Begriff und Wesen nach in jeder Hinsicht ausschließlich von sich selber ab, seiner Quantität nach wie auch seiner Qualität nach, und setzt sich deshalb selber als Gott: als höchstes vollkommenes Wesen, mit uns unvollkommenen Menschen und den übrigen unvollkommenen Wesen als Zwischenstufen zwischen dem Nichts und dem höchsten, vollkommenen Wesen selbst. Die Kraft, die Dynamik des „aus sich Selber“ ist unendlich, weil es selbst sie als das bestimmen kann, was es will: wir kennen doch sein Wesen, zu dem wir selbst gehören! Ich habe den Gedanken schon vielfach vorgebracht (siehe z.B. „Der Begriff Angst“ Hamburg 1984 Seite XCV Anm. 198 vor allem mit den Hinweisen ziemlich unten auf der Seite; oder siehe u.a. hier auf der Netzseite www.rochol.net unter „Kreationismus, Intelligent Design und Kierkegaard. Schlussfolgerungen zur Existenz Gottes“). Aber untersuchen wir nun, ob die Dynamik dem „aus sich Selber“ „ohne Zeit“ wirklich eigen ist, das heißt: ob sie ihm „an sich“ eigen ist – um dann als Nächstes die Wichtigkeit oder Unwichtigkeit der Frage zu behandeln, wie sich die dann gegebene Dynamik mit der ebenfalls gegebenen Zeitlosigkeit in Einklang bringen lässt. Also – nach dem „Schaffen seiner selbst“, das schon für sich allein potenzierte Dynamik bedeutet – nun auch: die Entwicklung, „ohne Zeit“,in der Zeitlosigkeit, im Augenblick der Ewigkeit, und zwar vom bloßen „aus sich Selber“ über alle Stufen bis zum höchsten, göttlichen Wesen. Liegt die Dynamik auch hier auf der Hand? Den Ausmaßen nach ganz sicher. Man bedenke weiter: abgesehen von der Ganzheit der Entwicklung, ergibt sich die Dynamik auch aus unserem menschlichen Willen, dem „aus sich Selber“, schon wegen dessen besagter potenzierter Kraft; das „aus sich Selber“ hat überdies ja schon seinem Begriff nach die Natur eines „Dinges an sich“, weil es in der „Erscheinung“ oder „Vorstellung“ als solcher kein „aus sich Selber“, keine numerische Identität zwischen Ursache und Wirkung gibt (siehe vorhin); aber behält die Dynamik des Willens nun auch unter der Bedingung der Entwicklung den Charakter eines „Dinges an sich“, einer Dynamik „an sich“, einer wirklichen Dynamik? Die Dynamik ergab sich für uns als das eine der beiden begrifflichen Merkmale des Willens; dabei wird es bleiben, wenn der Wille, unmittelbar schon wegen seines zweiten Merkmals, des „aus sich Selber“, zugleich das „Ding an sich“ ist. Unsere Frage: ist er das? Und unsere Antwort: Die radikale Subjektivität, das „aus sich Selber“, besteht darin, dass sie außerhalb ihrer selbst keinerlei Wurzeln, keinerlei Wirkursache auch nicht im weitesten und entferntesten Sinne hat, sondern dass sie alle Wurzeln, Quellen, so genannten Wirkursachen, oder wie man es auch nennt, schon in sich hat; das ist beim „aus sich Selber“ in reinster Form gegeben; so dass es ein „Ding an sich“ sein muss, da eine pure „Erscheinung“, die von nichts als von sich selbst ausgeht, in sich begrifflich widersprüchlich, eine contradictio in semet ipso, wäre. - Es muss immer etwas da sein, was „erscheint“. Vorausgesetzt demnach, der Wille ist das „dynamische aus sich Selber“ – wer will, definiere ihn anders, aber ohne sich im Unwesentlichen und Willkürlichen zu verlieren – vorausgesetzt also diese Definition, so ergibt sich die zeitlose Entwicklung unmittelbar des „aus sich Selber“ als „Dinges an sich“; so ist auch die Entwicklung als solche eine Entwicklung „an sich“, da sie die Entwicklung eines „Dinges an sich“ ist, und die „Dynamik“ dieser Entwicklung ist dementsprechend eine „Dynamik“ „an sich“, da sie die Dynamik einer Entwicklung „an sich“ ist: von der untersten bis zur obersten Stufe. Mit dem Ergebnis, dass ein „aus sich Selber“, also ein „Ding an sich“, erst recht mit einer zeitlosen Entwicklung, vom untersten bis zum allerhöchsten Wesen, nicht mit einer der bekannten kleinlichen und elend langsamen zeitlichen Entwicklungen, dass also ein solches „aus sich Selber“ ganz bestimmt auch „an sich“ „dynamisch“ ist: eine Erkenntnis, die unter diesen Umständen von der Dynamik unseres eigenen menschlichen Willens her, der ja dazugehört, innerhalb von dessen Rahmen illustriert wird. – Auch Kierkegaards Stichwort von der „Begeisterung“ hat, vielleicht, ohne dass es ihm bewusst geworden ist, letzten Endes hier seine Wurzel. Im Übrigen ist das „aus sich Selber“ auch schon deshalb „Ding an sich“, weil es zeitlos ist. Und das Werden? Ist nur ein Aspekt der Dynamik, auch soweit die Dynamik „Ding an sich“ ist und das Werden infolgedessen auf einen etwaigen Augenblick der Ewigkeit festgelegt sein sollte. Was aber erst die zweite, jetzt folgende Frage betrifft. Soweit die Dynamik! 4.) Und wie verträgt sich nun die Dynamik mit der Zeitlosigkeit des „dynamischen aus sich Selber“, des „Dinges an sich“? Verdeutlichen wir die Wichtigkeit der Frage, vielleicht auch ihre Unwichtigkeit, mit folgender Erwägung: Wir wissen inzwischen unter anderem: dass das „aus sich selber Seiende oder Werdende“, „sich selber Schaffende“, und so denn auch die „Selbstbestimmung“, nicht „in der Zeit“, nicht mit Wirkung „für die Zeit“ existiert, dass es und sie aber existiert und dass beide infolgedessen „ohne Zeit“, mit Wirkung für „eine zeitlose Schicht“, existieren (siehe hier zu Nr. 2). Wir wissen außerdem (siehe zu Nr. 3): dass das „aus sich Selber“ dynamischer Natur ist, dass es also das „dynamische aus sich Selber“ ist, also der Wille; dann aber könnten wir hinzufügen: der Wille als Träger des Ethischen sei – „anstandshalber, wie Kierkegaard sagt – zumindest Teil des „Dinges an sich“; so dass das „aus sich Selber“, und so denn auch die Selbstbestimmung, auch aus dem Grund – und zwar außerhalb der Zeit – eine Wahrheit, eine Realität ist. Fazit: wir wissen, dass Dynamik sich mit Zeitlosigkeit verträgt, auch wenn wir nicht wissen sollten, wie sie es tut. Und auf das „Dass“ kommt es an. Es geht bei der Frage der Zeitlosigkeit der Dynamik also nicht um Leben und Tod der Transzendentalphilosophie. 5.) Und nun, auf dieser Grundlage, noch einmal zur Frage, wie sich – nicht mehr, ob sich – die Dynamik des „aus sich Selber“, des „sich selber Schaffenden“, und so denn mittelbar auch der „Selbstbestimmung“, mit der Zeitlosigkeit vertragen könnte. Vielleicht so: Ich sage allerdings: „In der Zeitlosigkeit gibt es keine Aufeinanderfolge“ (bei Ihnen Seite 3). An der betreffenden Stelle bedeutete die „Aufeinanderfolge“ die Verschiedenartigkeit der kausal miteinander verknüpften Ereignisse im Diesseits – in concreto: der einzelnen Sünden, die aber nicht die einzigen Glieder der Kausalkette sein müssen! – , während die entsprechende Zeitlosigkeit den einen einzigen und in sich gleichartigen erbsündlichen „ewigen Entschluss“ bedeutete, der im Bereich des „Dinges an sich“ die in der „Erscheinung“ oder „Vorstellung“ als kausal verknüpft „erscheinenden“ Ereignisse in sich schloss (siehe z.B. in „Determiniert? Durch was denn?“ die letzten vier Absätze des Kapitels „Ein scheinbarer Widerspruch und seine Auflösung. Die Naturgesetze“, ab „Wir sind ewige Wesen“). Das ist übrigens – nebenbei gesagt – der einzig zulässige Sinn des mancherorts beliebten Spruches, es gehe um „die“ Sünde, nicht um die „vielen Einzelsünden“. Vor allem aber hat der „ewige Entschluss“ weder Anfang noch Ende; dass er das hätte, wäre zeitlich gedacht; und er erfüllt dementsprechend die gesamte Ewigkeit des betreffenden einzelnen Menschen; Kierkegaards Schrift „Der Begriff Angst“ erinnert nicht selten an Ähnliches. Außerdem birgt der „ewige Entschluss“, als spezifisch sündhafter Entschluss, auch keine Verschiedenartigkeiten von der Art in sich, dass er die äußerlichen Verschiedenartigkeiten der empirischen Einzelsünden etwa in sich verdeckte: Vielmehr wird der „ewige Entschluss“ mit seiner spezifischen inneren Gleichartigkeit manches, nicht alles, mit der Abstraktion des Allgemeinbegriffes gemeinsam haben, der ja auch von den Besonderheiten der Einzelfälle absieht. Und so weiter, und so fort. Vielleicht also geht es so, wie wir jetzt angedeutet haben; oder auch folgendermaßen, alternativ oder kumulativ: Sie schreiben (auf Seite 3): Unser Charakter „erscheint“ uns nur dynamisch, ist aber „an sich“ streng statisch, denn: „In der Zeitlosigkeit gibt es keine Aufeinanderfolge“ ( ... ). Nun habe ich soeben begründet, weshalb unser Wille und Charakter dynamisch ist, der Charakter als gefestigtes Gefüge von Willensakten, als Widerspiegelung des „ewigen Entschlusses“. Aber beide können trotzdem, erst recht der Charakter, „statisch“ sein: ein „fester Wille“, ein „fester Charakter“ z.B. „Dynamisch“ ist der Wille auch dann; erst recht als „fester Wille“. Je „dynamischer“, je stärker er ist, desto fester, stetiger und statischer kann er sein: als „steter Wille“. Denn, unter anderem: „Dynamik“ bedeutet auch „Kraft“, nicht unbedingt „Bewegung“, schon gar nicht unbedingt empirische „Bewegung“. Selbst im Bereich des Empirischen und der „Erscheinung“ gilt: z.B. die „Statik“ eines Hauses, als System von Kräften, die das Haus gerade nicht bewegen, sondern es gerade in sich ruhen lassen sollen. Natürlich ist das nur ein Bild, aber mehr sind auch Ihre, ebenfalls empirischen, Begriffe nicht, wie z.B. die Dynamik als Bewegung. Dennoch machen alle diese Bilder, bejahend oder verneinend, auch unmittelbare Aussagen über den intelligiblen Bereich, sowohl wenn Sie „Dynamik“ als „Bewegung“ zugrunde legen, wie auch, wenn ich den Begriff der „Statik“ zur Wiedergabe der Unerschütterlichkeit der Ewigkeit verwende. Überhaupt: es widerspräche dem Begriff des Ewigen, wenn ausgerechnet der Gedanke der Kraft, und so auch der Dynamik, in ihm keinen Platz haben sollte! Aber, wie gesagt: die ganze Frage ist zweitrangig; das Entscheidende ist, nicht wie, sondern dass sich die Dynamik des „aus sich Selber“, des „sich selber Schaffenden“ und so denn auch der „Selbstbestimmung“ mit der Zeitlosigkeit des „Dinges an sich“ verträgt. Das heißt: das Entscheidende bei dem Punkt, den wir jetzt behandelt haben, ist die Existenz, die Tatsächlichkeit der Zeitlosigkeit, des Ewigen, über die Unzulänglichkeit des Diesseits Hinausgehenden. Worin durchaus nicht liegt, dass das Diesseits, im Sinne eines christlichen Nihilismus, den es sicher gibt, etwa wertlos wäre und nicht ganz im Gegenteil, sogar unmittelbar, auch ewige Werte in sich schlösse. Ein Geistlicher antwortete mir, als ich jung war, einmal auf eine entsprechende, besorgte Frage: Irgendwo in der Schrift (ich kann Ihnen nicht mehr sagen, wo) finde sich, sinngemäß, der schöne Satz, dass die Völker am Ende der Zeiten ihre Schätze in die neue Erde und den neuen Himmel einbrächten. Und, wie gesagt, zum Philosophischen an der Sache gehört: dass es ein „aus sich Selber“ „in der Zeit“ nicht gibt, dass es aber andererseits ein „aus sich Selber“ geben muss, und folglich eines „außerhalb der Zeit“. Sie sagen (auf Seite 4): Das Argument, welches jetzt schnell bei der Hand sein mag gegen Ihre rein zeitliche Auffassung, unser Intellekt könne eben nur räumlich, zeitlich und kausalistisch denken, weshalb noumenale Sachverhalte in phänomenalen Metaphern ausgedrückt werden müssen, hilft nicht weiter, da wir weder zu einem Übersteigen der Metapher zum Sachbegriff noch zur von Raum, Zeit und Kausalität abstrahierenden Transzendentalphilosophie fähig wären .... Und dann Ihre fiktionalen Welten: Ich setze dem meine gerade noch einmal wiederholte Schlussfolgerung vom „aus sich Selber“ entgegen, das es zwangsläufig geben muss, das es aber „in der Zeit“ nicht gibt; mit dem dazugehörenden Ergo. Herzlich! Ihr Hans Rochol. am 5.Juli 2010 © www.rochol.net, September 2003. |