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DETERMINIERT? DURCH WAS DENN? SCHLUSSFOLGERUNGEN ZUR WILLENSFREIHEIT. Eine Grundlage, die keine ist. Es gibt mehrere Freiheitsbegriffe – wenn sie auch alle etwas Wesentliches gemeinsam haben. Wenn mein Fuß zwischen zwei Felsblöcken eingeklemmt ist, bin ich nicht frei; genauer: ich habe nicht die Freiheit weiterzugehen. Wenn ich in einem Kerker sitze, bin ich in einem ganz ähnlichen Sinne unfrei. Wenn mich jemand nötigt, bedroht, für den Fall, dass ich etwas Bestimmtes tue oder nicht tue, kann ich es zwar trotzdem tun oder lassen – manchmal muss ich es sogar, aus ethischen Gründen – ; aber ich kann es nicht, ohne in die Gefahr eines schweren Nachteils zu kommen; unter diese Fallgruppe gehört weitgehend die politische Freiheit. In allen diesen Fällen geht es um die äußere Freiheit: die Freiheit, in der Außenwelt etwas Bestimmtes zu tun, oder: in der Außenwelt etwas Bestimmtes ohne unangemessene Nachteile zu tun. Aber alle diese Fälle haben eine tieferliegende Freiheit zur Voraussetzung. Um in Freiheit etwas zu tun, muss ich es wollen; es ist klar, dass wir damit bei der inneren Freiheit sind; und nun gibt es eine geistige Richtung, die besagt, man könne nicht frei wollen; man könne zwar tun, was man will – die äußere Freiheit einmal vorausgesetzt – ; aber man könne nicht wollen, was man will. Man liege innerlich fest, man sei determiniert. Das heißt: man habe keinen freien Willen. Das ist die Frage, um die es jetzt geht. Ihre Klärung ist ungeheuer wichtig. Wenn der Wille nicht frei ist, gibt es keine Ethik. Gerade wir Nationalen sind ja von pharisäischen Charakteren umgeben, die den Anspruch erheben, bessere Menschen zu sein, ohne irgendetwas gut und richtig zu machen; ihnen gegenüber brauchen wir unbedingt die stärkeren geistig-ethischen Grundlagen. Außerdem gibt es Menschen von dämonischer Schlechtigkeit; sie ziehen den Schluss, wer nicht frei wollen könne, habe auch kein Recht, in der Außenwelt frei zu handeln. Der Schluss ist nicht folgerichtig; aber er hat die Tiefe des Bösen. Wir brauchen zu unserem Schutz Grundlagen, die logisch zwingend sind. – Und ich sage gleich dazu: sollten sich diese zwingenden geistigen Grundlagen bei uns eines Tages durchsetzen, so werden wir in den Augen des Volkes mit dem Pharisäertum unserer Feinde glänzend fertig werden. Hören wir uns die Deterministen an! Ein Herr Lorkovic schreibt in der „Jungen Freiheit“ vom 28.2.2003 auf Seite 18: „Es ist schon seit Jahren bekannt, dass der Ausführung einer gewollten Bewegung ein elektroenzephalographisch registrierbares Signal vorangeht.Der Amerikaner Libet hat festgestellt, dass solche „Bereitschaftspotentiale“ dem bewussten Entschluss, die Bewegung auszuführen, um mehr als eine Sekunde vorangehen können.“ Usw., die Sache bedeutet im Zusammenhang: das Signal ist unbewusst, also ist es nicht Teil des Willensaktes der Bewegung, also ist es seine Ursache, Ursachen determinieren, also ist der Willensakt unfrei; ebenso mit allen menschlichen Willensakten. Was von diesen Denkschritten zu halten ist, wird uns noch klar werden; jetzt geht es darum, festzustellen, was die Deterministen, bei ihrer Argumentations-Praxis, für die erste Ursache halten, die alles übrige beherrschen soll. Sie meinen damit z.B. „die deterministischen neuronalen Prozesse, die all diesen Leistungen“ des Leibes, des Organismus, „zugrunde liegen“ (laut Singer, am 25.04.2006, 15:33 Uhr in einem Interview, auf der Netzseite des Süddeutschen Zeitung); oder auch, im Augenblick besser zu verstehen: die Deterministen legen ihren Überlegungen den menschlichen Organismus in materialistischer, mechanistischer Betrachtungsweise zugrunde. Achten wir außerdem auf die Bedeutung, die der „Unbewusstheit“ der inneren Vorgänge beigemessen wird, fast so, als ob sie allein schon Determination bedeutete, wir kommen noch darauf. Aber gehen wir jetzt auf die „deterministischen“, also die determinierenden „Prozesse“ ein; die „elektroenzephalo-graphisch registrierbaren Signale“ sind nur ein Beispiel; mit den „Prozessen“ sind letzten Endes alle Vorgänge in unserem Organismus gemeint. Aber: determinieren sie uns oder determinieren wir sie? Die Antwort kann nur sein: dass wir sie determinieren oder jedenfalls beherrschen. Warum? Unser Zentrum steuert alle Vorgänge bei uns. Woher weiß ich das? Soll ich nun antworten, dass zumindest jedes differenziertere Lebewesen eine zentrale Steuerung braucht, dass das Fehlen einer solchen Steuerung Chaos oder Tod bedeuten würde? Die meisten würden das einsehen. Aber gehen wir besser so vor: Das Zentrum in der befruchteten Eizelle entwickelt, einen nach dem anderen, sämtliche Vorgänge, die schließlich den ausgewachsenen lebendigen Leib ausmachen; und es erhält sie im Dasein und in ihrer Funktion, wenn es sie zu Ende entwickelt hat. Also wird es von ihnen nicht determiniert, sondern es beherrscht sie seinerseits. Wenn auch vielleicht, ohne sie zu determinieren – es gibt ja Organtransplantationen! – dann aber doch so, dass die einzelnen Vorgänge und Organe dem Zentrum und dem Ganzen dienen, ihm gehorchen, solange der Mensch als gesund gelten kann. Die Beherrschung ist eine Tatsache; und auf die etwa notwendige geistige Lenkung oder Leitung schließen wir von dieser Tatsache aus; nicht umgekehrt, wie es sich im Lauf unserer Überlegungen und zusätzlich am Ende zeigen wird. Oder glaubt jemand, die erste organische Erweiterung, die aus der Eizelle hervorgeht, determiniere dabei und danach das Zentrum? Doch wohl nicht! Also! Und so weiter, bei der Bildung und Erhaltung des gesamten Organismus - übrigens auch bei der Bildung und Erhaltung des gesamten zentralen Nervensystems für sich betrachtet, das zwar unter anderem das Zentrum mit umschließt, das im Übrigen aber ebenfalls erst Stück für Stück von ihm hervorgebracht wird. Hätten die Deterministen versuchen müssen, den Gedanken zu widerlegen? Die Wahrheit ist, sie sind überhaupt nicht auf ihn gekommen! Wir sollten uns darin üben, von der jetzigen Elite nicht viel zu halten; ich sage mit Absicht „Elite“, ich meine nicht die wirklich ehrlichen und selbstständigen Köpfe und Charaktere. Muss also jeder darauf kommen? Nein! Aber alle müssen es, die wie Singer in penetranter Weise den Anspruch erheben, andere von ihren „Selbsttäuschungen“ zu befreien. Ganz unabhängig hiervon sagt Singer z.B. auch: „Aber wenn man sich einmal dazu bekennt“ – er sagt wirklich „bekennt“! – „dass alles, was wir tun, auf neuronalen Prozessen beruht, dann muss man annehmen, dass ... ... “; und so weiter mit den üblichen deterministischen Konsequenzen. Wieso aber sollen wir uns zu etwas „bekennen“? Sind die Deterministen Verfechter von Glaubensbekenntnissen? Und dann auch noch von Bekenntnissen zu etwas, das allbekannten biologischen Tatsachen widerspricht? Jeder weiß ja, dass die zahllosen Vorgänge und Teilchen in unseren Organismen so, wie jetzt dargestellt, zustande kommen – mag Singer auch hundertmal Neurologe sein; das ändert nichts an der Sache. Bei manchem ist eben das Universitätswissen nicht lebendig geworden. Es ist klar, wir müssen nach unserer Methode vorgehen. Zuerst mit der Frage der Willensfreiheit, ob determiniert oder nicht. Und dann weiter mit der Frage nach der Bedeutung der Bewusstheit, als zweiter Voraussetzung unserer Verantwortlichkeit; denn auf die Verantwortlichkeit kommt es an. Die wirkliche Grundlage. Fangen wir
damit an, das besagte „Zentrum“ genauer zu durchdenken, also das, was
schon in der befruchteten Eizelle vorhanden sein muss. Deren
Intellektualität wird kaum entwickelt sein, vielleicht fühlt sie etwas.
Dagegen muss sie in jedem Fall Subjektivität haben; wie zumindest alles
tierische und menschliche Leben. Die Eizelle also hat, wenn schon nicht
Intellekt, dann jedenfalls die einzige andere Komponente des Subjektiven,
nämlich die voluntative, willentliche; das heißt, sie hat Willen. Nur ist
die Subjektivität des Willens von ganz anderer Art als die des
Intellektes. Der Intellekt schafft sich von dem, was er auch objektiv, als Objekt, für gegeben hält, ein mehr oder weniger zutreffendes Abbild; dieses Abbild geht nicht nur vom Objekt aus, sondern auch von ihm selbst, dem Intellekt. Er schafft es insoweit „aus sich selber“, aus ihm, dem Intellekt selber; auf ihm allein beruht das Abbild seiner Substanz nach; und aus diesem letzteren Grund ist zwar das Abbild, aber gerade nicht der gesamte Intellekt subjektiver Natur. Halten wir jedenfalls fest: Subjektiv = „aus sich selber“ Wie wir wissen, gibt es nicht nur äußere Tatsachen, sondern auch innere; ihrer können wir uns am sichersten sein, weil wir sie in uns haben. Zu ihnen gehört das, was wir gerade über die Subjektivität des Intellektes gesagt haben; zu ihnen gehört aber auch, dass der Wille im Gegensatz zum Intellekt, der ja gerade auch objektiv sein soll, durch und durch und ausschließlich subjektiver Natur ist. Außerdem haben wir am Beispiel des Intellektes gerade gesehen, dass die Subjektivität im „aus sich Selber“ besteht, für das sie nichts als ein Synonym ist. Demnach lässt der Wille, als das total Subjektive, sein gesamtes Sein „von sich selber“ ausgehen – von sich, dem Willen, und seinem Sein – er ist also wirklich mit seinem gesamten Sein „aus sich selber“; worin seine radikale Subjektivität besteht. Er ist die Subjektivität selbst; aber er ist gerade deshalb besonders real, nämlich „aus sich selber“, also eigenständiges Sein. Finden wir das paradox? Aber wir sind noch nicht fertig. Der Wille ist nicht nur reine Subjektivität, sondern auch reine „Energie“, reine „Dynamik“ – schließlich kennen wir doch unseren eigenen Willen! Reine Energie aber umschließt und beinhaltet nichts Passives, also ist sie nicht „aus anderem“; denn dann wäre sie passiv. So dass der Wille auch aus diesem Grund „aus sich selber“ ist. Warum ist er statt „aus sich selber“ nicht einfach nur „er selbst“, ganz statisch? Er ist „aus sich selber“, weil er „dynamisch“ ist. Fazit: der Wille ist das „dynamische aus sich selber Seiende“ oder genauer: er ist das „dynamische immer von Neuem aus sich selber Werdende.“ Das ist seine Definition. Ist diese Definition ganz eindeutig? Man weiß, alles Seiende, ständig von Neuem Werdende, nicht nur unser menschlicher Wille, sondern die ganze Welt, ist reine Energie, reine „Dynamik“. Das wissen wir aber nicht nur von der Physik, sondern das wissen wir auch ganz unmittelbar von unserem eigenen Willen her. Er ist ja ebenfalls ein Teil des Seienden und unterliegt derselben naturwissenschaftlichen Regel – wenngleich man in seinem Fall von Psychologie redet statt von Physik oder Chemie. Man könnte auch sagen: Die Welt besteht nicht aus Bauklötzchen, wie bei Demokrit mit seinen Atomen; es ist vielmehr wie bei Heraklit: „Alles ist aus dem Feuer entstanden“ - wenn man sich dabei vorstellt, Heraklit habe unter dem, was er „Feuer“ nannte, das verstanden, was für uns „Energie“ ist. Und natürlich umschließt und beinhaltet die reine Energie, auch hier in der weiten Welt, so gut wie in unserem Willen, nichts Passives; auch sie ist demnach wegen ihrer Reinheit in keinerlei Hinsicht „aus anderem“, was ja Passivität bedeuten würde, auch sie ist vielmehr voll und ganz „aus sich selber“. Mit dem Ergebnis, dass das „dynamische aus sich selber Seiende oder Werdende“ die Definition nicht nur für den Willen, sondern überhaupt für das Ganze der empirischen Welt ist. Und die Konsequenz? Dass die Definition zu weit ist? Nein! Dass sich beides unter sie subsumieren lässt! Das ist ja das, was wir jetzt gerade gesehen haben, dass also auch die „Welt“ „Wille“ ist, wie bei Schopenhauer, nur mit einer anderen begrifflichen Herleitung. Vor allem aber ergibt sich bis jetzt, dass sowohl die Welt als Ganzes wie auch jeder Einzelne von uns „aus sich selber“ ist; dass er also nicht determiniert ist, sondern „einen freien Willen hat“, man sollte sagen: dass er ein freier Wille ist. Allerdings sind noch so viele Einwände zu behandeln und so viele Klärungen vorzunehmen, dass wir schon sagen können, wir stehen noch am Anfang. So ist das „aus sich Selber“ z.B. eine „Ursache“, die mit ihrer „Wirkung“ oder „Folge“ identisch ist; das heißt, es handelt sich um „Ursache“ und „Wirkung“ nur in einem weiteren Sinne; denn in der uns bekannten Welt sind Ursache und Wirkung in allen anderen Fällen zwei verschiedene Dinge. Einwand: wie können wir nachweisen, dass eine solche Kombination von „Ursache“ und „Wirkung“ im weiteren Sinne, mit ihrer schwer vorstellbaren Identität, überhaupt möglich ist? Der Einwand wiegt umso schwerer, als das „aus sich Selber“ der einzig mögliche Freiheitsbegriff ist, weil die einzige andere Möglichkeit, das Sein „aus anderem“, unter allen Umständen Determination bedeutet. Wir brauchen uns aber keine Sorgen zu machen: Gäbe es nur Sein „aus anderem“, so müsste dieses „andere“ wieder aus „anderem“ sein, das Letztere seinerseits wieder „aus anderem“; usw. ins Unendliche. Das aber ist nur in einer Schicht bloßer „Erscheinung“ oder „Vorstellung“ möglich, dagegen nicht in dem, was „an sich“ ist, und darauf allein kommt es ja an. Das heißt, das „aus sich Selber“ – die A-se-ität, in scholastischer Terminologie – als einzig möglicher Freiheitsbegriff, ist auf jeden Fall ein notwendiger und so denn auch ein berechtigter Begriff. Machen wir uns außerdem klar, dass die Willensdefinition, das „dynamische aus sich Selber“, keinerlei intellektuelle Begriffsmerkmale enthält, Intellektualität liegt weder in der „Dynamik“ noch im „aus sich Selber“. Allerdings, „aus sich Selber“ bedeutet Subjektivität; aber Subjektivität bedeutet nicht auch schon Intellektualität; die Intellektualität des Gedankenbildes rührt daher, dass es der Intellekt ist, der es „aus sich selber“ hervorbringt, sie lässt sich nicht aus dem „aus sich Selber“ als solchem herleiten. Und die Folge: der Wille kann auch unbewusst sein, was wir unbedingt festhalten müssen; wir berührten den Punkt vorhin schon. Und schließlich müssen wir, angesichts der Willens-Definition, noch eine Sache zu Ende denken: Der Sprachgebrauch sagt „Man hat einen freien Willen“; sachlich richtig wäre: man ist ein freier Wille. Machen wir es uns so klar: „Der freie Wille ist nie ein bloßer Teil von uns.“ Wir „haben“ ihn also nicht. Das ergibt sich Gott sei Dank schon aus der Welt als Wille, wir sahen es ja vorhin: „die Welt als dynamisches aus sich Selber“, wie der Wille; danach sind wir seine Teile, nicht umgekehrt. Soviel zu unserem Wesenszentrum, zu dem, was wir zur Grundlage unserer Überlegungen machen müssen; also jetzt in entwickelteren Begriffen: soviel zu uns als Willen, als „dynamischem aus uns Selber“. Und soviel zugleich zu der Tatsache, dass dieses „aus sich Selber“ nicht von den „neuronalen“ so genannten „deterministischen Prozessen“ in unserem Organismus determiniert sein kann – so wie jedoch alle Deterministen es ohne Weiteres voraussetzen. Vielmehr haben wir gesehen, dass das „aus sich Selber“ seinerseits die so genannten „deterministischen Prozesse“ determiniert oder beherrscht; nämlich nach dem gleichen Prinzip, nach dem das Zentrum und „aus sich Selber“ in der befruchteten Eizelle mit der Bildung der ersten Teile des Organismus und so auch der so genannten „deterministischen Prozesse“ beginnt. Die es also beherrscht. Auch hier ist die Beherrschung eine Tatsache; und auf die etwa notwendige geistige Lenkung und Leitung schließen wir auch hier von dieser Tatsache aus, nicht umgekehrt; ein Schluss, den wir, wie schon gesagt, im Laufe unserer Überlegungen und vor allem am Ende zusätzlich verdeutlichen werden. Wir können es auch folgendermaßen plastisch machen: Forscher entdecken ein Gen für Hilfsbereitschaft; oder eines für die Fähigkeit, andere auf einer belebten Straße schnell wiederzuerkennen. Usw. „Da haben wir´s! Und dieses Gen determiniert uns!“ Nein! Und abermals nein! Das betreffende Zentrum oder „aus sich Selber“ hat vielmehr das Gen, von sich aus, aus der Gesamterbmasse ausgewählt oder aktiviert, wir können Gene nämlich auch ungewählt oder zumindest unaktiviert lassen. Selbstverständlich können wir das! Sonst wären ja Vollgeschwister untereinander immer gleich. Die Wahl ist geradezu die Art, wie unser „aus uns Selber“ in die empirische Welt eintritt; in gewissen Fällen könnte eine ganz bestimmte Begrenztheit der Wahlmöglichkeiten sogar dazu führen, das unser „aus uns Selber“, das mit seiner eigenen Freiheit begrifflich unlösbar verbunden ist, die Entscheidung trifft, überhaupt nicht in dieses Dasein einzutreten. Von einer Determination durch Gene kann bei alledem keine Rede sein. Und was die geistige Leitung und Lenkung betrifft, so gilt auch hier wieder dasselbe wie gerade gesagt. Das „wissenschaftliche Weltbild.“
Für die Deterministen
dagegen existiert das alles nicht:
nämlich die befruchtete Eizelle anfänglich als unser einziger Wohnsitz;
und dann die Art und Weise, wie aus ihr, also aus unserer unbewussten
Subjektivität, aus unserem Willen und „dynamischen aus uns Selber“, nach
und nach unser Organismus hervorgeht, von unserem Zentrum beherrscht oder
sogar determiniert; nicht umgekehrt. Für die Deterministen gibt es
eigentlich gar keinen Willen. Sie kennen natürlich den Begriff;
schließlich sind sie von der abendländischen Kultur umgeben. Aber sie
wissen mit dem Willen nichts anzufangen; sie verwenden ihn in der
Hauptsache für den Satz „Es gibt keinen freien Willen“. Dass der Wille als
solcher eine Natur, ein Wesen hat, darauf gehen sie gar nicht ein. Singer
kennt im Großen und Ganzen nur: zunächst unsere bewussten Willensakte, die
in der empirischen Schicht aufeinander folgen; sie gehen, mittelbar oder
unmittelbar, mit äußeren Akten einher; und ihnen zugrunde liegen, als das
eigentlich Interessante: die unbewusst ablaufenden Kausalitäten, darunter
„determinierte neuronale Prozesse“, und zwar unbewusste neuronale
„Prozesse mit determinierten Mechanismen“, außerdem „Triebstrukturen“
sowie andere, vor allem krankhaft verlaufende Prozesse, z.B. „Tumoren“.
Kurz: er kennt nur das so genannte „wissenschaftliche Weltbild“ auf der
einen Seite, fachlich eingeengt und eingehegt, schlechthin
determiniert, mechanistisch, unbewusst - unbewusst im Gegensatz zum
Willen, nach der rohen Auffassung. Und er kennt sodann auf der
anderen Seite, natürlich: das berühmte „Bewusstsein“,
manchmal bis zum „Ich“ sublimiert, oder besser: hochstilisiert; es ist das
ewige Gerede vom „Bewusstsein“ als kalte, sterile Raserei der
Intellektuellen. In ihm spiegelt sich das „wissenschaftliche Weltbild“
wider; und in ihm findet der Wissenschaftler zwar nicht gerade seine
höhere Welt, wohl aber deren geist- und freudlosen Ersatz; das ist
sozusagen seine Botschaft. Natürlich gehören zu dem Ersatz, als saures,
ödes Moralin, auch die Richtigstellungen der angeblichen
„Selbsttäuschungen“ über die Freiheit des Willens – so als hätten die
verschiedenen „neuronalen“ oder sonstigen „Prozesse“ des Organismus dessen
Zentrum geschaffen, da sie es ja determinieren sollen. Es geht allerdings
auch um die menschliche Natur als „System, dem Intentionalität
zugeschrieben wird“, also eine Art Wille immerhin – man kommt um den
Begriff ja doch nicht ganz herum; in verhunzter Form muss man ihn schon
zulassen – aber er wird nur „zugeschrieben“, d.h. die Verantwortung für
den Begriff, das Widrige an ihm, möchte man anderen überlassen. Der Wille
bringt es bei den Deterministen gerade noch so weit, eine geringerwertige
Art von eigenständiger Realität zu sein. Das heißt, er ist mit dem
Bewusstsein nicht eigentlich identisch oder dessen Teilaspekt, so weit
wagt man denn doch nicht zu gehen. Aber der Wille ist nur ein Anhängsel
des Bewusstseins; und irgendwie – man weiß nicht, wie, man hat auch nie
darüber nachgedacht – soll der Wille weniger wert sein als das
Bewusstsein. Kurz und gut: Wenn man das Bewusstsein genannt hat,
soll der Wille im Endergebnis, schließlich und endlich, wenn man es
richtig sieht, im Grunde, schon mitgenannt sein. Um die Wahrheit zu sagen
– man denkt, es ist nicht der Mühe wert, sich über das Verhältnis des
Willens zum Bewusstsein Gedanken zu machen, geschweige denn, über die
Natur des Willens selbst nachzudenken. Mit anderen Worten, jetzt nicht
wörtlich von Singer: „Der Wille ist keine Wissenschaft“, das wäre
so ein Satz von prinzipieller Bedeutung, wenn man beim Willen überhaupt
soweit dächte. – Vielleicht hat man die Subjektivität des Willens in den
falschen Hals bekommen. Singer und die übrigen kennen in lebendiger Weise nur die determinierten Vorgänge und das „Bewusstsein“, das vornehm über ihnen steht. Man kennt nur den Labortisch, das Reagenzglas und das Vergrößerungsglas – den Arbeitsplatz, das ist es; man denkt, wenn man „forscht“, nicht ein einziges Mal daran, wie der Mensch wirklich zustande kommt. Warum nur ist denn auch nicht einer von diesen Leuten auf die Idee gekommen: Halt! Angenommen selbst, es bestände eine „Determination“ durch „neuronale“ oder sonstige nicht zentrale, dezentrale „Vorgänge“, aber innerhalb unserer eigenen Natur! So wären wir selbst dann noch lange nicht determiniert, denn die so genannte Determination würde ja auch dann von uns selbst ausgehen, von unseren eigenen Teilen. Aber selbstverständlich werden wir nicht einmal durch dezentrale Vorgänge in uns selbst, sondern nur durch unser eigenes Zentrum bestimmt – gleichgültig ob dieses Zentrum seinen Sitz nun auch wieder in einem „neuronalen Vorgang“ hätte; denn von Determination kann beim Zentrum ja so oder so nicht die Rede sein, sondern nur von Selbstbestimmung, also von dem genauen Gegenteil der Determination. – Offizielle Parolen können von unfasslicher Stupidität sein. Zurück zur wirklichen Grundlage. Es
liegt ja auf der Hand, wie es wirklich
ist: Die Stufe 1: unser Wesenskern, unser individuelles „dynamisches aus uns Selber“ entwickelt und erhält die Stufe 2: unseren Organismus, und aus der Stufe 2 geht sodann als Stufe 3 unser Verhalten hervor. Zwischen Stufe 2 und 3, dem Organismus und dessen Verhalten, gilt: „Das Verhalten ergibt sich aus dem Sein“ „Agere sequitur esse“, ein alter und wahrer Satz der Scholastiker: Wie jemand ist – klug und geschickt oder nicht, gut oder schlecht – so handelt er auch; und am Handeln erkennen wir, wie jemand ist. Zwischen 1 und 2, unserem „aus uns Selber“ und unserem Organismus, gilt das Entsprechende, im Wesentlichen dasselbe. Zwischen den Stufen 1 und 3, unserem „aus uns Selber“ und unserem Verhalten, gilt mittelbar wieder nichts anderes als „das Verhalten, das sich aus dem Sein ergibt“. Die Quelle des Ganzen ist das „aus sich Selber“ des Wesenskernes; er bestimmt sich selbst; er hat die Freiheit der Selbstbestimmung, er bestimmt, innerhalb der Grenzen unserer menschlichen und individuellen Möglichkeiten, was und wie er ist – dagegen bestände zwischen ihm und den beiden übrigen Stufen Determination, wenn diese übrigen Stufen selbstständige Wesen wären, und nicht nur die Erscheinungsweisen des „aus uns Selber“. Mit anderen Worten: Die Freiheit liegt im Sein, nicht im Verhalten; nicht unser Verhalten wäre frei, wenn es ein Wesen für sich wäre, sondern nur unser „aus uns Selber“ ist frei. Oder: der Wesenskern, unser „aus uns Selber“, die 1. Stufe, bestimmt, wie gut und wie böse, wie ethisch oder wie unethisch es selbst sein will; und da unser Organismus, die Stufe 2, im Grunde nur seine Erscheinungsweise ist, so bestimmt er zugleich, fast sogar unmittelbar, wie ethisch und wie unethisch sein Verhalten, die Stufe 3, ist. Entsprechend für unsere physische und geistige Zweckmäßigkeit und Tauglichkeit; sie wird also ebenfalls von unserem „aus uns Selber“ bestimmt; und sie tut sich dann genau so nach außen hin, auf der Stufe 3, in unserem Verhalten kund. Vergleichen wir damit jetzt Lorkovicens Äußerungen (an der angegebenen Stelle, in der „Jungen Freiheit“) über natürliche Erscheinungen und Experimente an unserem Organismus; wir haben ihn schon vorhin zitiert, noch am Anfang, er sagt hier also: Es ist schon seit Jahren bekannt, dass der Ausführung einer gewollten Bewegung ein elektroenzephalographisch registrierbares Signal vorangeht. Der Amerikaner Libet hat festgestellt, dass solche „Bereitschaftspotentiale“ dem bewussten Entschluss, die Bewegung auszuführen, um mehr als eine Sekunde vorangehen können. Und diese Beobachtung soll nun bedeuten: das unbewusste „enzephalographisch registrierbare Signal“ hebt die Willensfreiheit auf; denn es ist die Ursache, also die determinierende Ursache der bewusst ausgeführten Bewegung; denn es kann nicht ihr Teil sein; denn der Wille ist immer zur Gänze bewusst. Zumindest das letzte „denn“ ist jedoch purer Unsinn, und mit ihm können wir die ganze Gedankenkette von hinten her abwickeln; wir haben es vorhin an Hand der Willensdefinition ausgeführt, durch die Feststellung, dass die Willensdefinition nichts Intellektuelles beinhaltet; dass der Wille deshalb sehr gut unbewusst sein kann; und dass er es, für sich allein betrachtet, überhaupt immer ist. Allein schon unter diesem Gesichtspunkt ist das vorliegende deterministische Argument hinfällig: Das besagte unbewusste „Signal“ kann sehr wohl ein Teil der Willensbewegung sein und determiniert dann den Willen durchaus nicht. Aber das nur als ein Beispiel für viele. Das entscheidende, immer gleiche, Gegenargument ist ja: Die Freiheit wohnt im „aus sich Selber“ auf der Stufe 1; und sie, als das Zentrum, von dem allein aus wir gelenkt und bestimmt werden, hat das etwaige „elektroenzephalographisch registrierbare Signal“ vor jeder Ausführung einer gewollten Bewegung hervorgebracht. Gründe dafür gibt es genug: unter anderem pure Schwäche, oder das Bedürfnis, dem bewussten Motiv für die Handbewegung! – das es ja auch noch gibt - eine Entsprechung im unbewussten Organismus zu geben; sozusagen: eine unbewusste Vor-Spur des Motivs oder der Handbewegung zustande zu bringen; oder auch sonst: auf die eine oder andere Weise die Bewegung nach Gesetzen des Nervensystems zu erleichtern; usw. So oder ähnlich kann man nicht nur in allen Fällen argumentieren, sondern man muss es sogar. Denn wir haben ja jetzt mehrere Male festgestellt: die Einzelvorgänge im Organismus, sind sämtlich durch das zentrale „aus uns Selber“ in der Eizelle und nach ihm entstanden; sie müssen aus eben diesem Grund von demselben Zentrum beherrscht oder sogar determiniert sein; es geht nicht umgekehrt. Es ist nie so gewesen, dass das Gen aus unserer Familienerbmasse zuerst in uns war und dass wir uns dann danach richten mussten; sondern wir haben es ausgewählt, unser „aus uns Selber“ hat es so gewollt, oder sich dafür entschieden, das Gen nicht unaktiviert zu lassen; vielleicht auch musste es sich, in manchen Fällen, noch erst dafür entscheiden: überhaupt auf dem Weg über diese Erbmasse, über diese Familie ins Dasein zu treten. Wer sonst soll denn die Auswahl getroffen haben? Denn es muss ja folgerichtigerweise bei unserem „aus uns Selber“ bleiben, weil wir uns nicht von unserem eigenen, per definitionem freien Willen, dem „dynamischen aus sich Selber“, trennen können. Und was die etwa notwendige geistige Lenkung und Leitung betrifft, so gilt hier wieder dasselbe wie vorhin und im Folgenden. Diese ganze Äußerlichkeit, diese ganze empirisch festliegende Natur unseres Leibes, wie im Übrigen auch die unseres ebenso festliegenden Charakters, ergibt sich aus unserem freien „aus uns Selber“. Die Freiheit liegt nie im Handeln, nie im Verhalten (nicht in der Stufe 3) unseres Organismus (der Stufe 2); sie liegt auch nicht in diesem Organismus, der eine Art Verhalten unseres „aus uns Selber“ (der Stufe 1) ist; sondern die Freiheit liegt im Sein selbst (auf Stufe 1), in unserem „Sein aus uns selber“. Aber dieses Sein ist denn auch frei, weil „aus sich selber“; unser Verhalten ist auf die entsprechende Weise frei von uns festgelegt. Unser ganzer Leib ist von der Befruchtung im Mutterleib an aus unserem „aus uns Selbst“ hervorgegangen. Schon damit ist alles frei; und „von uns selber“ festgelegt; jede unserer Aktionen ist längst von uns frei vorherbestimmt; unsere Reaktionen mit eingeschlossen, je nachdem wie uns die Welt begegnet. Und es hat bei alledem für unsere Freiheit nicht die geringste Bedeutung, ob wir selbst oder ob jemand anders es war, der uns das Motiv gesetzt hat, ob es etwa der Kunde durch sein Angebot war oder der Chirurg durch eine elektrische Reizung, wie in Lorkovicens nächstem Beispiel, das wir hier nicht ausgeführt haben; und so weiter – denn auf alle diese Motive reagieren wir dann doch wieder entsprechend unserer Natur, die wir von uns aus, „aus uns selbst“, in aller Freiheit, und jeder für sich wieder anders, festgesetzt haben. Ich muss schon sagen, ich stelle bei den so genannten „Gen-“ oder „Neuro-Philosophen“, oder wie auch immer die unlogische neue Kategorie sich nennt, eine unsympathische Ignoranz fest. Ich sage ausdrücklich dazu: man kann niemandem vorschreiben, sich über die Grundbegriffe unserer Existenz – Philosophie genannt – Klarheit zu verschaffen; aber wenn er das ganz bewusst nicht tut, dann muss er auch darauf verzichten, andere darüber zu belehren. Stattdessen versuchen diese Leute, Fragen der Willensfreiheit mit naturwissenschaftlichen Mitteln zu lösen. Was aber soll das Herumpfuschen in den äußeren Phänomenen, den Schichten der Naturwissenschaft! Die Freiheit, das in jedem Weltwesen vorhandene „dynamische aus sich selber Sein oder Werden“, hat diese äußeren Phänomene längst vorher geschaffen; und kein Experiment dieser Leute dringt über die äußere Schicht hinaus bis in die Motive der Freiheit vor. Konklusion für den ersten Teil. Übergang zum zweiten Teil. Man sagt,
die Deterministen verneinen
unsere Willensfreiheit deshalb, „weil aa) unsere Gene und
bb) die auf uns kontinuierlich einwirkende Umwelt unser Verhalten
in jedem Augenblick unseres Lebens“ angeblich „determinieren.“ Unsere Gene
aber haben zu aa) wir selbst ausgesucht, – um das schon Gesagte
jetzt einmal summarisch wiederzugeben. Eine der Differenzierungen oder
Konkretisierungen könnten Singers „neuronale deterministische Prozesse“
sein, im Gefolge der Gene; aber wir haben ja gesehen, nicht
sie determinieren uns; sondern sie werden ihrerseits von
unserem eigentlichen Selbst, von unserem „aus uns Selber“, determiniert –
oder sie würden es, wenn sie selbstständige Wesen wären, und nicht
bloße Erscheinungsweisen unseres „aus uns Selber“. Oder: eine
weitere Differenzierung dessen, was wir im Groben „Gene“ nennen, ist
gerade unser „aus uns Selber“ als das, was die Gene auswählt; dieses „aus
sich Selber“ müsste sich dann also, auf dem Weg über die „Gene“, selbst
determinieren. Nun bedeutet determinieren (lat. determinare) ursprünglich
zwar nichts anderes als bestimmen; und wir haben bei allem Gesagten gerade
klargemacht, dass das „aus sich Selber“ sich bestimmt, eben „aus sich
selber“; aber es bleibt bei dieser Selbstbestimmung frei;
„Selbstbestimmung“ ist ja der freiheitliche Vorgang par excellence und
bedeutet schon per se nichts anderes als perfekte Freiheit. So dass unsere
Gene uns ganz bestimmt nicht im Sinne des philosophischen und
naturwissenschaftlichen Sprachgebrauchs „determinieren“. Die Idee der
Determination durch unsere Gene ist vielmehr eine bloße Gedankenlosigkeit;
und insoweit ist es nun also zu aa) nichts mit dem
Determinismus. Es bleibt zu bb) die Frage der uns angeblich determinierenden „Umwelt“. Wer die offiziellen Parolen die Zeiten hindurch schmerzhaft miterlebt hat und sie deshalb zutiefst kennt, wird hier sofort eine Phrase wittern, mit anderen Worten: eine langweilige, ständig wiederholte Gedankenlosigkeit, die mit einer Tendenz verbunden ist; nämlich: „Die Gesellschaft macht den Menschen, nicht umgekehrt.“ „Die Erziehung macht den Menschen.“ Womöglich sogar den „neuen Menschen“. Wir erinnern uns an die elende Ideologie des Marxismus, der Frankfurter Schule und ähnlicher Hätschelknaben. Außerdem mag bei dem Terminus „Umwelt“ unterschwellig auch ein gewisser ökologischer Touch mitgewirkt haben. Man hat es in der Regel allerdings nicht im Einzelnen exemplifiziert und deutlich ausgeführt; denn dann wäre die Unsinnigkeit der Sache zu Tage getreten. Aber gehen wenigstens wir kurz und knapp und auf unsere Art ins Einzelne, um uns eine gewisse Klarheit zu verschaffen! Determination durch andere. An sich
liegt es auf der Hand, dass die „Umwelt“ uns nicht determiniert.
Was heißt „an sich“? Es heißt in diesem Fall: wir müssen die Sache
nur um des entgegengesetzten, von der Hochfinanz gewollten Geschwätzes
willen zurückweisen – es ist zumindest vor Jahrzehnten einmal die große
politisch korrekte Mode gewesen, und seine Nichtbeachtung konnte
zumindest ganze Karrieren und sogar bloße Lebensläufe zerstören. Aber
müssen wir groß begründen, weshalb uns etwa der Erdboden nicht unseren
freien Willen nimmt, oder die Sonne, irgendein Wesen aus dem Tier- oder
Pflanzenreich, oder sonst irgendein Weltwesen, das mit uns nicht identisch
ist, vielleicht ein Mitmensch oder Nachbars Hund oder sonst wer? Sie alle
sind doch wohl nicht die Herrscher über den freien Willen anderer. Selbst
die Astrologen wollen es nicht
sein. Oder nimmt uns etwa der Erzieher unseren freien Willen? Wir haben das Wesen des freien Willens am Anfang kurz umrissen; es bedeutet eine Innerlichkeit, die von außen nicht erreichbar ist; es bedarf dafür nicht vieler Worte. Oder determiniert uns die Reklame? Die Süddeutsche geht (an der angegebenen Stelle) Singer zuliebe auf diese Frage ein; und natürlich tut sie es ganz ausdrücklich mit verneinendem Ergebnis. Sie hätte hinzufügen können: Beide, Erzieher und Reklame, und andere Menschenführer, müssen, wenn sie überhaupt auch nur irgendeinen Erfolg haben wollen, doch wieder an unsere Natur anknüpfen – an unsere freie, durch unser „aus uns Selber“, von uns selbst aus, frei gesetzte Natur. Wir reagieren auf die Motive, die man an uns heranbringt, doch wieder ausschließlich entsprechend unserer Natur – und diese Natur haben wir „aus uns selbst“ in aller Freiheit gesetzt. Wir haben es vorhin ausführlich deutlich gemacht. So determinieren uns alle diese Ereignisse also nicht; sondern wir reagieren auf sie, wie wir überhaupt auf die gesamte übrige Welt nur reagieren – sofern wir nicht sogar rein aktiv agieren. Reagieren aber ist etwas ganz anderes als „determiniert agieren“. Auch das liegt auf der Hand. Jeder jeweils vom anderen verschiedene Charakter, jede Natur, die von der anderen verschieden ist – und sie sind alle verschieden! – reagiert wieder anders auf die so genannten „Verhältnisse“, auf die „Umwelt“, auf die Mitmenschen. Wodurch aber sind wir verschieden? Da sind wir wieder bei der Selbstbestimmung! Wir sollten uns nicht wiederholen! Oder determinieren uns Vater und Mutter - jetzt nicht durch Erziehung, sondern biologisch? Sie tun es nicht. Unser Organismus determiniert nicht einmal seine Organe ohne Einschränkung – wir wissen ja, es gibt Organtransplantationen - Die Organe gehorchen und dienen ihm, aber das ist etwas anderes. Ei und Samenzelle sind jedoch nicht einmal seine Organe; sie dienen nicht dem Organismus, sie sind „sui generis“, Lebewesen „eigener Art“, dazu bestimmt, die Teile eines selbstständig lebenden Organismus zu werden. Sie also werden vom Organismus des Vaters und der Mutter erst recht nicht determiniert. „Der Vater macht einen Sohn“ ist eine begrifflich unzutreffende Formulierung – abgesehen davon, dass sie ein ziemlich niedriger Vulgarismus ist. Oder determiniert uns Gott? Hier könnten wir uns genauso gut kurz fassen, die Sache ist implizit schon ausreichend zur Sprache gekommen. Trotzdem noch einmal das Allerwichtigste: Nach herkömmlicher Auffassung hat uns Gott durch Wirkursache geschaffen; sogar aus dem Nichts. Danach hätte er nicht nur unseren Zustand geschaffen und determiniert, worauf Ursachen sich sonst beschränken, sondern, radikalerweise, gemäß exaltierter Deutung, auch unsere Substanz; alles andere wäre ein begrifflicher Widerspruch - weil „schaffen“ nichts anderes bedeutet als „determinieren“, und auch nichts anderes als „verursachen“. Danach wären wir radikal und ohne irgendeinen Rest: determiniert, „aus anderem“. Und Gott wäre jedenfalls ein extrem absurdes Wesen; er hätte die erdrückende Alleinschuld an allen Übeln und an allem Bösen in der Welt – mögen auch die so genannten Frommen davor die Augen verschließen. Aber gibt es ein solches Wesen? Nein! Es kann einen solchen Gott allein schon deshalb nicht geben, weil wir in Gestalt der ganz unbestreitbaren Subjektivität unseres Willens „aus uns selber“ sind – und damit frei und undeterminiert; wir haben das „aus uns selber Sein“ vorhin als Subjektivität des Willens abgeleitet. Wir sind ja ohnehin jetzt nur dabei, die unberechtigten Einwände gegen diesen Grundtatbestand abzuwehren. Wir haben überflüssigerweise außerdem das Argument, dass wir ein moralisches Gefühl haben; dieses moralische Gefühl wird zwingend von unserem alltäglichen, beruflichen, wirtschaftlichen und staatlichen Leben vorausgesetzt; es setzt seinerseits unseren freien Willen voraus, unser „dynamisches aus uns Selber“; und die Deterministen müssten diese innere Tatsache des moralischen Gefühls erst noch widerlegen. Aber, wie gerade schon zum Ausdruck gebracht, wir brauchen das Argument jetzt nicht, es ist im Augenblick überflüssig. – Ich habe übrigens gesagt, einen solchen Gott könne es nicht geben; nämlich einen, der uns durch Wirkursache „erschafft“; etwas ganz anderes ist Gott als höchste, vollkommene Spitze und Stufe des Seins, hervorgegangen aus der Fähigkeit des „aus sich Selber“, selbst zu bestimmen, wie vollkommen, was, wie viel und wie groß es sein will, ohne dass es deshalb unsere determinierende Ursache sein müsste, und wir die determinierten Wirkungen oder Folgen dieser Ursache. Man kann das alles, wenn man will, hier auf der Netzseite nachlesen; z.B. unter „Kreationismus, Intelligent Design und Kierkegaard. Schlussfolgerungen zur Existenz Gottes“. Und soviel nun also zur Frage einer Determination durch Gott. Es bleibt zu diesem Abschnitt eine letzte Frage: Determiniert uns die Natur? Wir kennen das Schlagwort! Und die Antwort ist mehr als einfach: Wir haben sie schon gegeben! Vorhin in den ersten drei Abschnitten, über die „Grundlagen“ und über das so genannte „wissenschaftliche Weltbild“. Mit anderen Worten: Wir selbst sind die Natur, jeder Einzelne von uns ist es für sich, mit seinem Organismus, der aus der befruchteten Eizelle kraft deren Zentrums nach und nach hervorgegangen ist; jedes Einzelne der übrigen Weltwesen ist es ebenso gut für sich. Wer sonst sollte denn „die Natur“ sein! Auch diese Identität liegt auf der Hand. Hatten wir uns unter der Natur eine mehr oder weniger gute Fee gedacht? Die gute Mutter Natur, die zu sein wir uns schon selbst bequemen müssen, spricht jedenfalls nicht gegen unsere Willensfreiheit. Ein scheinbarer Widerspruch und seine Auflösung. Die
Naturgesetze.
Also keine Determination! Weder
durch uns selbst noch durch andere. Daher der Titel des Vortrags:
„Determiniert? Durch was denn?“ Wundert uns das? Schließlich ist, nach der
vorhin durchdachten Subsumption der empirischen Welt so gut wie des
Willens unter das „dynamische aus sich Selber“, jedes einzelne Weltwesen
„aus sich selber“, also frei und nicht determiniert – Lebensbedingungen
wird man ja nicht mit Determination verwechseln, mit der Aufhebung unserer
inneren Freiheit. Und eines ist so sicher wie eine
Tautologie: niemand determiniert die Gesamtheit des
Seienden, weil es außer dieser Gesamtheit keine weiteren Wesen gibt. Hat
sich z.B. Spinoza, oder hat sich etwa eine Reihe von Naturwissenschaftlern
diese Sache richtig klargemacht? Und was die Einzelwesen betrifft:
haben wir schon einmal erlebt, dass ein Wesen dem freien Willen des
anderen im Wege gestanden
hat? [Eine Nötigung, nur zum Beispiel, schränkt für den freien Willen des Genötigten vielleicht die Möglichkeit ein, gewisse äußere Dinge zu verwirklichen oder sie ohne ungewöhnliche Nachteile zu verwirklichen, oder nicht zu verwirklichen, z.B. die Begehung eines Verbrechens zu unterlassen, ohne von dem Nötigenden umgebracht zu werden. Vielleicht motiviert die Nötigung den Genötigten, zum Beispiel, das Verbechen zu begehen, um nicht selber umgebracht zu werden. Aber die Freiheit des Willens wird weder durch die besagte Beeinträchtigung der äußeren Möglichkeiten noch durch die besagte Motivation aufgehoben. Die Beeinträchtigung der äußeren Möglichkeiten zählt nicht bei der Willensfreiheit, das haben wir gleich anfangs klargemacht. Und selbstverständlich hat der freie Wille immer Motive; aber es steht ihm frei, für sich zum Motiv zu machen, oder nicht zu machen, was er will; der Einzelne braucht z.B. die Vermeidung seiner eigenen Ermordung durchaus nicht zum Motiv für die Begehung eines Verbechens zu machen. Heroismus gehört mit zur vollständigen Ethik. Die Willensfreiheit wird unter anderem nicht dadurch beeinträchtigt, dass man manchmal Heroismus braucht, um ethisch zu bleiben. Insoweit also schon einmal keine Determination!] Aber – und das müssen wir jetzt durchdenken - es gibt ja auch noch die Naturgesetze! Determinieren sie uns etwa nicht? Wir wissen, dass z.B. staatliche Gesetze uns nicht determinieren; sie motivieren uns nur, wenn wir sie befolgen. Aber Naturgesetze stellen wir uns so vor, als ob sie uns determinierten, als ob sie zumindest soweit Teil unserer Innerlichkeit wären, dass sie uns unsere Willensfreiheit nehmen könnten. Andererseits haben wir vorhin deutlich gemacht, dass der einzelne „neuronale“ oder sonstige „Prozess“ im Organismus unser „aus sich selber seiendes“ Zentrum ebenso wenig determiniert, wie es der erste einzelne „Prozess“ gekonnt hat, der aus der befruchteten Eizelle hervorgegangen ist; und genau so gut wissen wir, dass uns weder der Nachbar oder sein Hund noch sonst irgendein Mitmensch und dass auch wir selber uns nicht determinieren. Also schließen wir, dass sich die Natur ihre Gesetze selber gibt; müssen wir das erst schließen? selbstverständlich gibt sich die Natur ihre Gesetze selber! Wer soll sie ihr denn sonst geben? Und jeder von uns ist seine eigene Natur, und gibt sich die Gesetze selbst. Was aber die übrigen Wesen betrifft, so sehen und beurteilen wir sie analog zu uns; so dass wir auch mit ihnen keine Schwierigkeiten haben. So gibt es trotz der Naturgesetze keine Determination; die Natur in Gestalt von uns selbst und allen anderen Weltwesen will die Naturgesetze jeweils schon von sich aus; und so verstehen wir sogar, wie es uns vorhin so vorkommen konnte, als seien die Naturgesetze Teil unserer Innerlichkeit. – Im Übrigen: Kant und Schopenhauer sind zu demselben Ergebnis gekommen; nur sind sie es aus ganz, ganz anderen Gründen! Protest? Die Logik stimmt aber! Die begriffliche Widersprüchlichkeit muss aufgehoben werden, Widersprüche müssen immer aufgehoben werden; und jetzt geht es nur so, wie wir gerade gesagt haben. Ergo! Aber wir wollen auch die psychologische Plausibilität, die Durchsichtigkeit im Einzelnen. Sie hole ich jetzt nach; das heißt: ich mache jetzt plausibel, wie, auf welche Weise das sein kann, was auf jeden Fall tatsächlich ist: Wir sind ewige Wesen. Oder sagen wir bescheidener: wir sind in Wahrheit zeitlos. Wir entscheiden uns „an sich“, d.h. in Wirklichkeit, in einer zeitlosen Schicht; richtig besehen, ist sie die einzige Schicht; und zwar sind wir hier auch dem Anschein nach völlig frei. Es kann auch gar nicht anders sein, erstens, weil es nichts und niemanden gibt, der uns determiniert, und wir selbst uns nicht determinieren können. Und zweitens, was den Anschein betrifft: weil es in der Zeitlosigkeit keine Sukzession, keine Aufeinanderfolge, also keine Ursache-und-Wirkung-Verhältnisse und so denn auch keine Zwangsläufigkeit, keine Notwendigkeit gibt. Dagegen wird die völlige Einheit der zeitlosen Entscheidung in der empirischen Schicht, für die „Erscheinung“: für unsere subjektive Intellektualität, in eine Kette von zeitlich aufeinanderfolgenden Entscheidungen zerlegt und auseinandergezogen; und diese Kette bildet nun, um der völligen Einheit in der Zeitlosigkeit willen, in der „Erscheinung“ wenigstens eine zusammengehörende Reihe. So erleben wir jetzt, für unsere subjektive Intellektualität, d.h. nur in der „Erscheinung“, die Aufeinanderfolge der einzelnen Glieder der nunmehr zeitlich aufgeteilten Entscheidung als zwangsläufig, als notwendig; ist nämlich einer der als sukzessiv erscheinenden Willensakte gesetzt, so müssen, um der völligen Einheit in der Zeitlosigkeit willen, jetzt alle anderen in der Zeit ebenfalls gesetzt werden. Aber, wie gesagt, nur für die „Erscheinung“, nur für unser subjektives intellektuelles Erleben, weil die einzelnen Glieder als „Ding an sich“, in der Zeitlosigkeit, alle eins sind und sich deshalb nicht voneinander trennen lassen. Das heißt: in Wirklichkeit, in unserer Eigenschaft als „Dinge an sich“, setzen wir nur die eine einzige zeitlose Entscheidung, die auch von Sukzession und ursächlicher Determination frei ist. Daher, trotz Sukzession und ursächlicher Determination in der bloßen „Erscheinung“, das unausrottbare Gefühl unserer absolut unverbrüchlichen Verantwortlichkeit; es ist ein Gefühl, das wir jedenfalls dann mit Recht haben, wenn wir uns als „Dinge an sich“ nicht nur völlig frei entscheiden – „aus uns selber“, für das, was wir sind, und folglich auch für das, was wir tun und lassen – sondern wenn wir uns dieser Entscheidung auch bewusst sein sollten; und damit sind wir bei dem zweiten großen Punkt, wir kommen noch darauf. Daher andererseits aber auch das Gefühl einer gewissen Ohnmacht; aber auch nur einer gewissen, weil es bei dieser Art Ohnmacht eben nur um „Erscheinung“ geht: nur um etwas, was wir uns selbst zurechtmachen, ohne es gleich zu merken. Daraus, nämlich aus dem zeitlosen Willensentschluss - der wir sind, in dem wir bestehen, wir sind ja Wille – erklärt sich und ergibt sich im Übrigen zugleich die Unveränderlichkeit des Charakters; sie ist für jeden reifen und realistisch denkenden Menschen eine Tatsache. Wir müssen den Punkt festhalten! Er gehört mit zum Endergebnis! Und um es nun noch einmal zusammenzufassen – die Verkettung unserer Willensakte miteinander in der Zeit, gleichgültig ob kausal oder nicht, und insofern ihre Notwendigkeit, ist in Wahrheit, als „Ding an sich“, nichts als die zeitlose und deshalb nicht-sukzessive, völlige Einheit der Ausübung unserer Freiheit und unseres Wesens, des „aus uns Selber“. Noch einmal Protest? „Wir wollen keine Unterscheidung in `Erscheinung´ und `Ding an sich´? Wir wollen überhaupt keine spezielle Philosophie“? Gut! dann „erscheint“ uns die Determination eben nicht einmal; ich will ja jetzt nicht den Nachweis der Determination, sondern den des Gegenteils. Können wir aber nun einmal nicht determiniert sein, weil kein Mensch uns ein determinierendes Wesen nennen kann, das vernünftig konzipiert ist, kommen wir uns aber andererseits doch so vor, als ob wir Naturgesetzen unterlägen – gut! Dann eben Kant und Schopenhauer. Zwar nicht deren Denkwege. Aber deren Ergebnis. Und danach legen wir selbst freiwillig, aber empirisch unbewusst die „Naturgesetze“ in die Natur hinein. So dass die von den Deterministen vielberufenen „Naturgesetze“ sich vorzüglich mit unserer Freiheit, mit unserer nachweislichen Nichtdetermination vertragen. Die Bedeutung der Bewusstheit. Das Gewissen.
Also keine Determination, weit und breit! Ist
das Problem der Willensfreiheit damit gelöst? Man könnte auf den Gedanken
kommen, zu sagen: „Keine Determination, also Willensfreiheit. Und
mehr wolltet ihr ja nicht. Also damit basta.“ Aber wir wollten eben doch
mehr! Wir wollten die Willensfreiheit nicht nur als Selbstzweck; wir
wollten wissen, ob wir verantwortlich sind. Die Verantwortlichkeit setzt
aber nicht nur Freiheit von der Determination voraus, die Willensfreiheit,
das „Sein aus sich selber“; sondern sie setzt auch voraus, dass wir uns
dabei gewisser Dinge bewusst sind. Ohne Bewusstheit, sind wir noch lange
nicht determiniert; aber wir müssen dann ewig damit rechnen, dass wir,
ohne Bewusstheit, wenn auch mit Willensfreiheit, nicht
verantwortlich sind. Nun erleben wir eine außerordentlich starke, oft geradezu schmerzhafte ethische Bewusstheit in Gestalt unseres Gewissens. Die Sprache hat auch hier wieder für uns philosophiert; im Deutschen bedeutet das Wort ein verstärktes Bewusstsein: wir sind uns eines ethischen Sachverhaltes „gewiss“. Das Gewissen als Unterfall des Bewusstseins! Die beiden alten Sprachen haben für „Bewusstsein“ und „Gewissen“ jeweils dasselbe Wort: conscientia das Lateinische und syneidesis das alte Griechische; ebenso z.B. das Französische und Spanische; im Wesentlichen auch das Englische. Kann uns das gesuchte ethische Bewusstsein deutlicher offeriert werden? Oder wendet ein Determinist in einem Anflug von Verwirrung jetzt ein, woher wir denn wüssten, dass das Gewissen keine „Selbsttäuschung“ ist? Aber wer muss das denn beweisen, angesichts dessen, dass das Gewissen eine Tatsache ist? Und womit muss er es beweisen? Doch wohl mit dem Nachweis der Determination. Das Gewissen, als innere Tatsache von größter Bekanntheit auch in der Außenwelt, in aller Welt, bedeutet das Bewusstsein vom moralischen Gesetz; ferner davon, dass man gegen dieses Gesetz sehr leicht verstößt; und gegebenenfalls auch davon, dass man dagegen verstoßen hat. Natürlich gibt es auch das, was wir ein „gutes Gewissen“ nennen – falls jemand das als Beruhigung braucht. Und da nun das moralische Gesetz dem Bereich des „Dinges an sich“ angehört – „anstandshalber“ tut es das, wie Kierkegaard sich ausdrückt; oder wäre es etwa „anständig“, die Ethik als bloße „Erscheinung“ zu behandeln, und nicht als „Ding an sich“? – da also das moralische Gesetz zum Bereich des „Dinges an sich“ gehört, also des zeitlosen Willens, des „dynamischen aus sich Selber“, und das Gewissen das Bewusstsein vom moralischen Gesetz ist, so ist sich das Subjekt im „Gewissen“ seiner als „Dinges an sich“ bewusst. Warum dieser hohe Platz für die Bewusstheit, die wir „Gewissen“ nennen, gerade bei dem, was wir anfangs das Zentrum, dann „das dynamische aus uns Selber“ (die „Stufe 1“) genannt haben? Die Höhe entspricht dem Wesen der Ethik, der Moral! Oder wundern wir uns etwa darüber, dass Ethik und Moral genug Würde und Gewicht haben, um unser Denken und Empfinden, unser „Bewusstsein“, unser „Gewissen“, auf diese Höhe zu bringen? Sie ist die einzig angemessene Höhe – denn sowohl das Universum unserer Zellen, unser Organismus (das, was wir vorhin die „2. Stufe“ nannten) wie auch unsere mehr oder weniger bewussten äußeren Handlungen im Alltag (die „3. Stufe“) sind nichts als ihre „Folgen“, wie Kant sich in analogen Zusammenhängen ganz unbekümmert ausdrückt. In Wahrheit sind es bloße Aspekte! Quasi-Eigenschaften! zumindest, was die 2. Stufe anbetrifft. Oder auch, sie wären determinierte Folgen, wenn sie selbstständige und andere Wesen wären als unser zeitloser, freier, in eins zusammenfallender Entschluss. Wundern wir uns darüber, dass unser „Bewusstsein“, unser „Gewissen“, in solchen Fällen zeitlos wird, in denen es um Ethik, um Gut und Böse, also um das Allerwichtigste geht? Und wundern wir uns darüber, dass das Gewissen in den Augen des Volkes einmal „Gottes Stimme“ war? In Wahrheit ist es selbstverständlich unsere eigene Stimme – Gott wohnt ja nicht im eigentlichen Sinne und zugleich dauerhaft in uns – wir selbst erleben uns in unserem Gewissen, allerdings als „aus uns Selber“, als zeitloses „Ding an sich“, in ihm sind alle Einzelentschlüsse, die unser Wesen ausmachen, zusammengefasst; der philosophische Laie nennt es nicht gerade das „Ding an sich“, aber er empfindet es durchaus wahrheitsgemäß als entscheidende und erhabene Stufe. Gut! Damit hätten wir also das „Bewusstsein“. Wir brauchten es außer unserer Nichtdetermination, um über die Behauptung unserer Verantwortlichkeit Rechenschaft geben zu können. Aber: hat auch schon der Embryo, das Neugeborene oder auch nur das Kleinkind Bewusstheit genug, um verantwortlich zu sein? Ja! Wenn man den Menschen zeitlos sieht – „weil die Vernunft, wenn es auf das Gesetz unserer“ „Existenz“ als „Dinge an sich“ „ankommt, keinen Zeitunterschied anerkennt“, wie Kant sagt. Was dem Erwachsenen voll und ganz und dem Kleinkind äußerst schwach oder nur symbolisch und in flüchtigen Augenblicken bewusst ist, das alles ist in der Zeitlosigkeit eins, es gibt dort keine verschieden großen Bewusstseinspartikel. Und ändern will ja auch der Erwachsene nichts an seinem ewigen Entschluss, seinem Charakter, wegen der Zeitlosigkeit und des Fehlens der Aufeinanderfolge im „Ding an sich“, in Verbindung mit dem Satz vom Widerspruch; eine Änderung seines Charakters würde in der Zeitlosigkeit bedeuten, dass er sich widerspräche. „Aber wenn das Kleinkind stirbt?“ Dann ist es voll und ganz in der Zeitlosigkeit – „Und wenn es durch den Tod zu nichts würde?“, dann würde ihm auch nichts passieren. Haben wir es nun also? Nichtdetermination x Bewusstheit = Verantwortlichkeit? Reicht die Bewusstheit dafür weit genug – innerhalb des Gesamt-Bereiches unseres Wesens: des „aus sich Selber“ als zeitlosen „Dinges an sich“ (der Stufe 1), des von diesem „Sein aus sich selber“ geschaffenen Organismus (der Stufe 2) und des von diesem Organismus abhängigen äußeren menschlichen Verhaltens (der Stufe 3) – so dass nach „Agere sequitur esse“ „Das Verhalten ergibt sich aus dem Sein“ auch das äußere Verhalten vollständig von unserem „aus uns Selber“ abhängt? Das heißt, reicht die Bewusstheit innerhalb dieses gesamten Bereiches aus, so dass wir verantwortlich sind? Antwort: Derjenige, der ethisch versucht wird, an den sich eine ethische Forderung richtet oder der ethisch versagt, ist sich, in Gestalt seines Gewissens, zumindest in laienhafter, symbolischer Weise, als zeitloses „Sein aus sich selber“ und zeitloses „Ding an sich“ bewusst. Und in dieser Eigenschaft – als dasjenige, dessen er sich zeitlos bewusst ist - hat er sein gesamtes inneres Verhalten (die Stufe 1) und sein gesamtes davon abhängiges äußeres Verhalten (die Stufe 3) in der Hand, das ganze „Dass“ seiner Ethik. Hier, in diesem zeitlosen Bereich, ist er undeterminiert, hier ist er bewusst; und beides zusammen genügt für die Verantwortlichkeit. Genau genommen, würde es sogar genügen, wenn er alles das nur mit Wirkung für die 1. Stufe hätte; denn wir wissen ja, für die Ethik geht es allein um den guten Willen, wenn er nur echt ist, (um die 1. Stufe), nicht um die äußere Handlung (die Stufe 3), geschweige denn, um den äußeren Erfolg. Zur Begründung unserer Verantwortlichkeit, mit anderen Worten: für das Vorliegen von „Nichtdetermination x Bewusstheit = Verantwortlichkeit“, brauchen wir also keine weitere Bewusstheit; wir stellen allerdings fest, dass uns der Aufbau unseres Organismus, unseres Zellenuniversums (die Stufe 2), unbewusst bleibt. Liegt hier ein Verdachtsgrund? Wer das meint, möge es verdeutlichen. Bis dahin jedenfalls gilt: Gelobt sei die Weisheit unserer Natur. Denn die Endlosigkeit eines empirischen Bewusstseins von den Milliarden und Abermilliarden Zellen, das wir andernfalls brauchten, würde uns als endliche Wesen vernichten. Leisten wir – um auch das noch einzuordnen - den unbewussten Aufbau ohne jeden Ersatz für das empirische Bewusstsein? Der Aufbau ist nichtdeterminiert, er ist ohne empirisches Bewusstsein und kommt dennoch nicht zufällig zustande! Und die vorhin berührte Wahl der Gene fast noch in einer anderen Welt? Ist vielleicht ohne unser empirisches Bewusstsein, aber ebenfalls weder determiniert noch zufällig. Was denken wir in beiden Fällen? Wir denken mit begrifflicher Notwendigkeit an irgendeine Art von geistiger Lenkung und Leitung, durch uns selbst, versteht sich! Und was leistet diese Lenkung, deren Natur wir nicht verdeutlichen können? Sie leistet unter anderem den Aufbau eines zweckmäßigen Organismus aa) für physische und geistige Leistungen und bb) für ethisch mehr oder weniger richtiges Verhalten; beides nach dem Satz: „Das Verhalten ergibt sich aus dem Sein.“ Und welche Zweckmäßigkeit ist leichter herzustellen? Vielleicht die ethische, denn wir wissen ja, eine und dieselbe physische Eigenschaft – Intelligenz zum Beispiel – eignet sich in geradezu typischer Weise so gut für ethisches wie auch für unethisches Verhalten; so dass sich unser „aus uns Selber“ auf ethischem Gebiet eine größere Vergeistigung leisten kann. Konklusion. Doch wir haben den
Gegenstand inzwischen abgeklopft.
Und das Ergebnis? Keine uns fremde Natur z.B. in Gestalt „neuronaler deterministischer Prozesse“ in unserem Organismus! Oder in Gestalt von Genen, die wir nicht selbst gewählt haben! Unsere Natur sind wir selbst in Gestalt unseres gesamten Organismus, einschließlich der „neuronalen“ und sonstigen „Prozesse“; und zwar geleitet und ausgesucht von unserem „aus uns Selber“; nicht von dem einen oder anderen dezentralen „Prozess“. So denn auch keine Determination, sondern ein freier Wille. Und ausreichendes Bewusstsein in Gestalt unseres Gewissens in unserem obersten Wesensbereich. Mit der Folge, dass wir verantwortlich sind. Trotzdem die Naturgesetze, als das Zeitlose, Unveränderliche in zeitlicher, sukzessiver Gestalt! Mit der weiteren Folgerung – wir haben auch diesen Punkt festgehalten – dass unser Charakter sich bei aller Freiheit – nach den Naturgesetzen! – niemals ändert. Eine gesunde Ethik, eine Politik mit Größe und echte Religiosität haben seit eh und je die richtigen Konsequenzen daraus gezogen. Hans Rochol im Januar 2007. [Der vorhergehenden Datei wurden Anfang Oktober 2008 zwei Absätze hinzugefügt. Die betreffende Stelle ist durch rote eckige Klammern gekennzeichnet. Anm.d.Ü.] © www.rochol.net, September 2003. |